Der Börsenjungle: eine Einführung in die Aktienanalyse

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Der Börsenjungle: eine Einführung in die Aktienanalyse

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Anhand welchen Kriterien kann man eigentlich eine Aktie bewerten? – Es gibt zahlreiche Herangehensweisen zur Aktienbewertung und Aktienanalysen unterscheiden sich auch oftmals je nach Unternehmen und Industrie.

Liebe(r) Leser*innen, in diesem Beitrag möchte ich kurz vorstellen, welche Aspekte in meine persönliche Aktienbewertung hineinfließen:

Aktienanalysemodell von Finanz Kompass
Finanz Kompass Modell der Aktienanalyse

Die Bewertung von Aktien erstreckt sich über 5 Bereiche: Liquidität, Effizienz / Effektivität, Rentabilität, Stabilität und Wachstum.

Liquidität

• Liquidität 1. Grades = ≥1

• Reichweite zu Personalkosten: (Kassa & Bank + Wertpapiere des Umlaufvermögens) / (Personalkosten / 12) = ≥ 6

• Liquidität (aktuelles Jahr) / Liquidität (Ø letzte 3 Jahre) = > 1

Die Liquidität eines Unternehmens ist für den Erhalt eines Betriebs notwendig. Sind anstehende Kosten nicht gedeckt, so besteht eine Gefahr der Zahlungsunfähigkeit. Insofern bildet ausreichend Liquidität die Grundlage für jedes erfolgreiche Unternehmen. In diesem Sinne sollte man sich als Anleger mit der Liquidität des Unternehmens auseinandersetzen.

Zugegebenerweise kann sich die Bemessung der Liquiditätslage als schwierig gestalten, da einem Investor oftmals nicht alle Informationen zu Verfügung stehen, wie zum Beispiel ein existierender Kontokorrentrahmen oder etwaige andere Optionen für Liquiditätszuschüsse.

Vor diesem Hintergrund können Liquiditätskennzahlen nur eine begrenzte Aussagekraft beigemessen werden und es sollten immer zusätzlich weitere Faktoren in der Analyse berücksichtigt werden.

Nichtsdestotrotz verwende ich gerne die 3 angeführten Kennzahlen, um mir ein Bild von dem Unternehmen machen zu können.

Die erste Kennzahl ist die Liquidität 1. Grades und beantwortet die Frage, ob meine anstehenden Verbindlichkeiten durch meine vorhandene Liquidität gedeckt ist. Im Gegensatz zur Liquidität 2. & 3. Grades, werden in der Bemessung nur hochliquide Mittel berücksichtigt. Die Berücksichtigung von kurzfristigen Forderungen & Vorräten ist oftmals problematisch, da Forderungen ausfallen können, beziehungsweise die ausgewiesene Werthaltigkeit nicht stimmen kann. Gleichermaßen kann sich der Verkauf von Vorräten schwierig gestalten, da eine Nachfrage existieren muss und oftmals zu einem geringeren Preis verkauft werden muss, als eingekauft wurde.

Die 2. Kennzahl misst die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens hinsichtlich der Personalkosten. Unternehmen sollten bei Geschäftsausfall in der Lage sein, die eigenen Fixkosten zu bedienen. Nachdem allerdings Personalkosten die einzigen Kosten sind, die nicht gestundet werden können, müssen wenigstens diese gedeckt werden. Hierbei wird eine Periode von 6 Monaten als positiv empfunden, es sollte allerdings nicht zu hoch sein, da ansonsten zu viel freies Kapital vorhanden ist, welches nicht rentabel eingesetzt wird.

Abschließend sollte sich die Liquiditätslages des Unternehmens positiv entwickeln, weswegen die aktuelle Liquidität mit dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre gegenüber gestellt wird.

Effizienz / Effektivität

Definition Effizienz & Effektivität

Ergebnis / Aufwand = Effizienz

Ergebnis / Ziel = Effektivität

• operative Marge = ≥ 35 %

• operative Marge (aktuelles Jahr) / operative Marge (letztes Jahr) = > 1

• Kapitalumschlag (aktuelles Jahr) / Kapitalumschlag (letztes Jahr) = > 1


• Erwartung der Analysten übertroffen (Umsatz / EPS / Kurs) = ≥ 2 / 3

• Revision der Prognosen der letzten Jahresabschlüsse

Einerseits ist es wichtig genug Liquidität zu haben, andererseits muss auch das Kapital effizient und effektiv eingesetzt werden.

In der Regel sollten Unternehmen eine operative Marge von 35 oder mehr % vorweisen können. Dementsprechend sollten 35 Cent für jeden verdienten Euro im Unternehmen bleiben. Zusätzlich sollte die Effizienz von Jahr zu Jahr gesteigert werden und die operative Marge stetig steigen.

Gleichermaßen sollte sich die Steigerung der Effizienz auch im Kapitalumschlag wiederspiegeln.

Hinsichtlich der Effektivität des Unternehmens, sehe ich mir gerne frühere Schätzungen der Analysten an und ob diese übertroffen wurden oder nicht. Zusätzlich berücksichtige ich auch gerne die in der Vergangenheit festgelegten Ziele der Unternehmen und ob diese erreicht wurden oder nicht.

Rentabilität

• Eigenkapitalrendite = 10 %

Ø
Performance letzte 10 Jahre = 10 %

Ø Nettogewinnmarge der letzten 3 Jahre = 15 %

Neben der Liquidität und Effizienz / Effektivität ist es auch wichtig, dass das Unternehmen rentabel operiert.

Vor diesem Hintergrund schaue ich mir die Eigenkapitalrendite, den Kursverlauf der letzten 10 Jahre, sowie die Nettogewinnmarge an.

Im Durchschnitt kann man historisch gesehen ungefähr 7 % pro Jahr am Aktienmarkt erwirtschaften. In diesem Sinne investiere ich gerne in Unternehmen, die in der Lage sind, mit ihrem eigenen Kapital eine höhere Rendite zu erzielen. Entsprechend sollte die Eigenkapitalrendite bei 10 % oder höher liegen. Die Fremd- und Gesamtkapitalrendite wird nicht berücksichtigt, da diese Kennzahlen, auf Grund der derzeitig geringen Kosten für Fremdkapital nicht die gleiche Aussagekraft vorweisen.

Abschließend sollte das Unternehmen nach Abzügen aller Kosten und Steuern in der Lage sein, 15 % des Umsatzes als Gewinn zu behalten, um nachhaltige Profitabilität und neue Investitionen zu ermöglichen.
Da die Nettogewinnmarge allerdings durch außergewöhnlich Ereignisse, also außerhalb der operativen Geschäftstätigkeit, beeinflusst werden kann, wird der Durchschnitt der letzten 3 Jahre berücksichtigt.

Stabilität

• Eigenkapitalquote = 25 %

Umsatzstabilität =
85 %

EPS – Stabilität = ≥ 85 %

(optional) Dividendenzahlung der letzten 10 Jahre = 10 / 10 ausgeschüttet

Prinzipiell werden Aktien von Unternehmen bevorzugt, die ein stabiles Geschäftsmodell vorweisen. Insofern die Geschäftstätigkeit sehr instabil ist und nicht nachhaltig profitabel wirtschaftet, erweist sich das Unternehmen nicht als ein aussichtsreiches langfristiges Investment.

Die 3 wesentlichen Faktoren sind die Eigenkapitalquote, die Umsatzstabilität und die EPS – Stabilität.

Das Unternehmen sollte eine Eigenkapitalquote von 25 % oder höher haben, um eine zu hohe Überschuldung vorzubeugen.

Darüber hinaus sollte, sowohl Umsatz, als auch EPS eine Stabilität von 85 % oder höher vorweisen. Ein kontinuierliche wachsende Rentabilität ist maßgeblich für den Erfolg und die Stabilität eines Unternehmens.

Bei Unternehmen die eine Dividende ausschütten, sollte die Dividendenzahlung in den letzten 10 Jahren nicht ausgesetzt worden sein.

Wachstum

Ø Umsatzwachstum der letzten 5 Jahre = 5 %

Ø EPS – Wachstum der letzten 5 Jahre = 5 %


(optional) Ø Dividendenwachstum der letzten 5 Jahre = ≥ 5 %

Ein Unternehmen das hochwertige Produkte / Dienstleistungen anbietet, wird auch entsprechend wachsen. Vor diesem Hintergrund sollte das Unternehmen jährlichen den Umsatz und EPS um 5 % oder mehr steigern können.

Gleichermaßen sollte sich dieser Wachstum auch in der Dividendenausschüttung wiederspiegeln und Investoren sollten im Durchschnitt jedes Jahr 5 % oder mehr Dividende beziehen.

Weitere Faktoren

PEG = 1,5

• Branchenanalyse


Qualitative Analyse des Unternehmens: Vorstand, Mitarbeiterzufriedenheit, Innovationen

Abschließend sollte festgehalten werden, dass die Aktienbewertung sehr individuell und komplex sein kann.

Während manche Industrien diese Kennzahlen leicht erfüllen werden, werden sich andere schwieriger tun. Ich persönlich verwende diese Kennzahlen, um mir ein erstes Bild von dem Unternehmen machen zu können.

Neben der genannten Parameter achte ich darauf, dass das Unternehmen ein PEG von 1,5 oder geringer hat und somit nicht überbewertet ist. Ideal wäre ein PEG von kleiner als 1, aber solche Unternehmen sind oftmals schwer zu finden.

Weiters untersuche ich auch allgemein gerne die Branche und die Konkurrenz des Unternehmens, um festellen zu können, welche Position die Firma im Markt einnimmt und wie aussichtsreich die Branche generell ist.

Zuguter letzt sollte man sich auch qualitativ mit dem Unternehmen auseinandersetzen. Welche Erfahrung bringt der Vorstand mit ins Unternehmen, wie zufrieden sind die Mitarbeiter, wie innovativ ist das Unternehmen und natürlich viele weitere Faktoren.


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Gründer & Autor von Finanz KompasS


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